Grüne Damen feiern 50-jähriges Jubiläum
„Ehrenamtliches Engagement ist nicht selbstverständlich in der heutigen Zeit.“
Für heute ist die Arbeit getan, so wie jeden Montag, und beide Damen gönnen sich noch ein Heißgetränk, einen Kaffee, eine heiße Schokolade, bevor es nach Hause geht. Die grünen Kittel streifen sie sich nach diesem Vormittag ab, es gab viel zu tun, so wie üblich, auf den Stationen des Evangelischen Krankenhauses in Castrop-Rauxel. Marita Weidenhöfer und Gabriele Engelmann sind regelmäßig als Grüne Damen im Haus unterwegs, so werden die Frauen genannt, die sich um jene Patient*innen kümmern, die auf sich allein gestellt sind, niemanden haben, der sie besucht. Sie kümmern sich auch um die Menschen, die eine schwere Diagnose erhalten haben, oder einfach nur plaudern möchten. Deshalb gibt es Grüne Engel wie Marita und Gaby, so werden sie auf den Stationen liebevoll genannt. Sie spenden Trost, hören zu, besorgen gerne mal eine Zeitschrift vom Kiosk, helfen beim Anschluss des Telefons. Es gibt immer eine Menge zu tun.
In diesem Jahr feiert das Ehrenamt der Grünen Damen im Evangelischen Krankenhaus Castrop-Rauxel sein 50-jähriges Jubiläum. Für ihre Arbeit wurden die beiden Frauen, gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen, u.a. von der Krankenhausseelsorgerin Ute Diepenbrock geehrt, hier im EvK Castrop-Rauxel. Auch der Theologische Direktor der Evangelischen Krankenhausgemeinschaft Frank Obenlüneschloß nahm an der Zeremonie teil und dankte den Grünen Engeln für ihre Arbeit, denn, so betonte der Theologe: „Ehrenamtliches Engagement ist nicht selbstverständlich in der heutigen Zeit.“
Gaby Engelmann und Marita Weidenhöfer aber nehmen sich die Zeit. Mit Herzblut sind sie bei der Arbeit. „Ob die Menschen allein sind, das sieht man schon am Nachttisch“, erzählen sie. Wenn kein Bild dort stehe, keine Blumen, nichts Persönliches, dann sei das meist schon ein Zeichen. Hier kommen die Grünen Damen ins Spiel, setzen sich an das Bett und suchen das Gespräch. Dabei ist die Situation auch für die Frauen nicht immer ganz einfach. Denn was genau sie erwartet, das wissen die 61-Jährige und die 66-Jährige selbst nicht, wenn sie frisch auf ihre Patient*innen zugehen. Doch, und da sind sich beide Frauen einig: „Das Positive überwiegt“, betonen sie unisono. „Das größte Glück ist für mich, wenn ich das Zimmer verlasse und der Patient lächelt, so wie es heute wieder der Fall war“, sagt Marita Weidenhöfer sichtlich gerührt. Ursprünglich kommt sie aus dem kaufmännischen Bereich, erlitt selbst eine schwere Krankheit, bevor sie früher als geplant in Rente ging. Der Alltag verlor an Struktur, das wollte die heute 66-Jährige so nicht hinnehmen. „Ich sehnte mich nach einer sinnvollen Aufgabe, und die fand ich hier im EvK Castrop-Rauxel.“
Ähnlich ging es Gaby Engelmann. Hier der Name wohl Programm: Elf Jahre schon begleitet die bodenständige Frau die Menschen in der Geriatrie, meist Patient*innen, die viele Wochen im Krankenhaus bleiben und zu denen man ein enges Verhältnis aufbaut. Die meisten freuen sich über die Tatsache, dass man ihnen zuhört. So erzählt Marita Weidenhöfer: „Wir hatten eine Frau, die kannte ihren späteren Mann seit ihren Kindheitstagen, als er starb und sie ins Krankenhaus musste, hatte sie niemanden mehr.“ Das Gespräch mit der Grünen Dame tat ihr gut. Demenzkranke Patient*innen hingegen wollen einfach manchmal nur hören, dass ihre Mutter gleich kommt, obwohl sie selbst schon 80 Jahre alt sind, oder möchten mit uns Bilder malen, um so ihre Gefühle auszudrücken, wenn sie nicht mehr sprechen können“, weiß Gabriele Engelmann. Sie kam über die Krankenhausseelsorgerin Ute Diepenbrock ins Haus und wurde zur Grünen Damen, nach einer Zeit, in der es auch ihr nicht gutging. Selbst sagt die 61-Jährige: „Ich weiß genau, wie es ist, gesundheitlich schwere Zeiten zu durchleben. Ich suchte damals ein sicheres Umfeld, in dem ich mich wohl fühlen konnte.“
Das sichere Umfeld fand sie genau hier, im EvK Castrop-Rauxel. „Die Arbeit tut mir gut, weil auch ich eine Menge von den Patientinnen und Patienten zurückbekomme. Die Arbeit nimmt Zeit in Anspruch, gewiss, und manchmal fragt sie ihr Mann, ob auch er Besuchszeiten buchen müssen, um sie zu sehen, erzählt sie und lacht dabei herzlich. „Aber ich kann eben nicht ruhig sitzen, brauche eine sinnvolle Beschäftigung.“
Wenn sich Gabriele Engelmann von ihren Patient*innen verabschiedet, lässt sie ihre Schützlinge eine Engelkarte ziehen: Sie versprechen Heilung, Liebe, Freundschaft, Kraft, all das, was die Patient*innen für ihre Zukunft benötigen können. Ob es hilft? Wer weiß. Ein Engel, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, hilft jedenfalls gewiss.